Wiesbaden - unverhofft kommt oft

24.08.2014 21:55

Das Wiesbaden als eine der härtesten Mitteldistanzen gewertet wird bei dem 70.3 Ironman Format machte die Anspannung nicht lockerer, außerdem war es ja zusätzlich noch die Europameisterschaft mit top Athleten aus der ganzen Welt. War Wiesbaden also die richtige Wahl für einen ersten Start auf einer Mitteldistanz? Ich hatte mich nun seit 8 Monaten vorbereitet auf diesen Tag, manches Training verlief wie im Höhenflug, manches da hätte man sich am liebsten in den Keller gesetzt und geheult. Die letzten Wochen waren sehr intensiv und verliefen vielversprechend. Angezielt war eine Zeit unter 4:50 Stunden. Der einzige Luxus in Mainz zu wohnen besteht darin, dass man nicht weit weg ist von Wiesbaden und völlig entspannt anreisen kann. Freitags habe ich die Startunterlagen abgeholt und ging auf die Pastaparty. Nichts außergewöhnliches, aber echt leckeres Essen und da es eh schon mit drinne war habe ich auch ausreichend mitgenommen. Samstags dann Check In mit dem Rad, völlig anderes Feeling gegenüber den anderen Wettkämpfen bis jetzt. Einfach überwältigt schon alleine von der Atmosphäre die dort herrschte. Natürlich konnte man sich nicht die Gelegenheit nehmen lassen mit dem einen oder anderen Profi zu reden und auszutauschen. Gegen 16:00 Uhr ging es dann nach Hause wieder und noch war ich sehr locker drauf. Früh ins Bett gehen war aber trotzdem nicht drinne, immer kreisten Gedanken darüber ob man ausreichend Fit ist, ob man nicht doch anders hätte trainieren sollen, was wäre wenn ich nicht ankomme und und und. Das machte ein Einschlafen erst gegen 01:00 möglich.

Sonntag – Renntag

Der Wecker klingelte um 4 Uhr, aufstehen, Frühstücken ( 9 Toastbrote mir Nutella) und dann gings mit dem Auto nach Wiesbaden. Auf dem nach Wiesbaden noch fast einen kleinen Hasen überfahren der mitten auf die Straße rannte. In Wiesbaden dann mit dem Bus zum See. Alle im Bus wirkten locker, amüsiert und guter Dinge. Man überspielt ja gerne Aufregung mit einem Witz. Angekommen erst mal Rad check, Luft drauf und Riegel rein. In meiner Zappeligkeit verpasste ich gegen 07:55 fast meinen Start weil ich nicht zugehört habe. So schnell hatte ich noch nie einen Neo angehabt und war beim Schwimmstart als an diesem Tag, grade noch Pünktlich. Der Startschuss fiel und alle Anspannung war wie weg, einfach nur schwimmen dachte ich. Mit 29 Minuten war das sogar im Rahmen was ich angestrebt hatte. Mit am Start war meine Mama und Gregor, der mit netterweise die Zeit nach dem Wechsel aufs Rad hinterher rief. Eigentlich wollte ich moderat anfangen Rad zu fahren, da es aber von der Wechselzone an so sich so gut anfühlte war das natürlich nicht drinne. Erster Anstieg in Kloppenheim ging auch noch, insgesamt die ganze 90Km Strecke mit den 1580 Hm fuhr sich ziemlich gut. Wir waren eine 5er Gruppe bestehend aus zwei Belgiern, einem Australier und zwei Deutschen die sich dann die Platte in Wiesbaden hochquälten. Ich hatte extra auf einen Tacho verzichtet um mich nicht unter Druck zu setzen, das taten die anderen 4 dann umso mehr. Die Strecke ist hart, die Abfahrten sehr schnell und nicht ohne, die Platte ein unbezwingbares Monster, aber im Gesamten eine sehr geile Strecke. Ziel war unter 3 Stunden zu fahren, mit 2:38 habe ich das mehr als erfüllt und freute mich wirklich aufs Laufen. Eine Stimme sagte mit lauf locker Junge, ist bissl weiter als nur 10Km, die Beine sagten aber Junge mach gib Gas wir sind fit. Als Gregor und Basti mir während des Laufens die Zeiten durchgaben glaubte ich es nicht wirklich, dass die Beine behalten sollten. Die erste und zweite Runde, also die ersten 11km liefen einfach nur Bombe. Die Strecke ging ca. zwei Km leicht Berg auf, dann gab es einen Hügel der jede Runde mehr weh tat und danach ging es wieder Berg ab zurück zum Kurhaus. Bis auf zwei Hügel die mir auch den Stecker ziehen sollten war die Strecke sehr gut zu laufen. Die ersten 10Km lief ich in 37 Minuten an, viel zu schnell. Ab Km 12 gab es dann regelrecht die Quittung und der Mann mit dem Schmerzstempel kam. Gefühlt wurde jeder Km endlos lange, die Beine träge und der Körper fühlte sich fremd an. Letzte Runde, Basti konnte mich nochmal motivieren nicht zu gehen sondern auch noch Druck zu machen und so hangelte ich mich von einem Athlet zu anderen nach vorne. Was einem in so einer Situation durch den Kopf geht kann man nicht wirklich beschreiben. Nur noch ankommen, Hunger, oh wie schön ist der Baum da, Schmerz, nur noch 2 Km, der Baum sieht ja von vorne aus wie von hinten. Gregor stand am letzten Hügel 1,5Km vor dem Ziel und schrie 3:30, Junge lauf doch mal. Hammer, hat er grade 3:30 gesagt? Die letzten 2oo Meter blauer Teppich waren die Erlösung der ganzen Quälerei, unbeschreiblich wie man sich da fühlt. Man kann unter normalen Umständen nicht so ein Glücksgefühl haben. Alles hat sich gelohnt, jeder Zweifel weg, man hat es geschafft, man fühlt nichts mehr außer purer Freude. Im Ziel drehte ich mich um und sah auf der Tafel meinen Namen mit 3:35:03. Ich konnte es im Nachhinein erst drei Tage später realisieren was da eigentlich grade abging, es war einfach zu viel für mich um das auch selbst glauben zu können. Mir kam der Halbmarathon grade zum Schluss so endlos lange und langsam vor, die Ergebnisliste sagte aber was ganz anderes. Der Halbmarathon wurde in 1:22 gelaufen, natürlich ab Km 12 abgebaut aber besser als jede Zeit die ich mir davor Vorgestellt habe. Abends lag ich im Bett und konnte wieder nicht schlafen, dieses Mal aber nicht wegen der Aufregung, sondern wegen der Unfassbarkeit was da los war.

Ich danke allen die da waren, besonders den Teil meiner Familie der kommen konnte, Basti und Gregor für den Support an der Strecke und  den Freunden die kommen konnten. Auch wenn es nicht viele waren, war jeder wichtig an dem Tag um das zu schaffen.

Vielen Dank